Aufsehen in Montenegro wegen Video zu Finanzierungsaffäre „Umschlag“
Podgorica (APA) – Ein dieser Tage veröffentlichtes Video sorgt für Aufsehen in Montenegro. Die von Dusko Knezevic, einem über viele Jahre führenden Geschäftsmann des Adria-Staates, publik gemachte Videoaufnahme soll die geheime Finanzierung der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) zutage bringen.
Die EU-Kommission forderte unterdessen Podgorica zu raschen Ermittlungen der bereits als „Umschlag“ bekannten Finanzaffäre auf. Konkret ist in dem Video zu sehen, wie Knezevic dem DPS-Spitzenfunktionär Slavoljub Stijepovic im Jahr 2016 einen Umschlag überreichte, in dem sich angeblich 100.000 Euro befanden. Das Geld war laut Knezevic für die Finanzierung der DPS-Kampagne vor den im damaligen Oktober bevorstehenden Parlamentswahlen bestimmt.
Knezevic, der sich unterdessen in London aufhält, behauptet, vor den Parlamentswahlen der Partei von Präsident Milo Djukanovic insgesamt 200.000 Euro gespendet zu haben. Im DPS-Finanzbericht kamen die Spenden allerdings nicht vor.
Die „Umschlag“-Affäre wurde publik, nachdem die montenegrinischen Justizbehörden Knezevic und weitere vier seiner Mitarbeiter zuvor der Geldwäsche im Millionenwert beschuldigt hatten. Laut früheren Medienberichten soll es dabei um 17 Millionen Euro gehen.
Während der staatliche TV Sender RTCG am Freitag berichtete, dass die montenegrinischen Behörden demnächst einen internationalen Haftbefehl für Knezevic, den Besitzer der Atlas-Gruppe, ausstellen dürften, sieht der Geschäftsmann den Grund für seine Probleme mit der montenegrinischen Justiz in seinem Streit mit dem montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic.
Wie er am Freitag gegenüber der Tageszeitung „Vijesti“ erläuterte, sei dieser um eine Luxusvilla ausgebrochen, die derzeit in Podgorica für Djukanovic gebaut würde. Knezevic hatte es nach eigenen Worten abgelehnt, als Strohmann aufzutreten und die Villa auf seinen Namen bauen zu lassen.
Bundestag rügt CDU-Abgeordnete Strenz wegen Aserbaidschan-Affäre
Karin Strenz erhielt über eine deutsche Firma Geld aus Aserbaidschan. Nun hat der Bundestag einen Verhaltensverstoß der Parlamentarierin festgestellt.
Karin Strenz (September 2017)
Der Bundestag hat die CDU-Abgeordnete Karin Strenz wegen einer Verletzung ihrer Pflichten gerügt. Das Bundestagspräsidium stellte fest, dass Strenz gegen die Verhaltensregeln des Parlaments verstoßen habe. Die Abgeordnete habe veröffentlichungspflichtige Angaben „jeweils nach Ablauf der Anzeigefrist angezeigt“, teilte die Bundestagsverwaltung mit.
Laut „Tagesspiegel“ geht es dabei um Geld, das Strenz über eine deutsche Firma aus Aserbaidschan erhielt. Demnach droht der CDU-Politikerin deshalb neben der Rüge ein Ordnungsgeld in fünfstelliger Höhe. Bevor das Präsidium das Ordnungsgeld verhängt, könne die Abgeordnete allerdings noch einmal selbst Stellung nehmen, wie die Zeitung weiter berichtete.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe forderte der Zeitung gegenüber, Strenz solle „ihr Mandat niederlegen, weil sie dem Ansehen der Politik schweren Schaden zugefügt hat“. Andernfalls müsse die Unionsfraktion „nun endlich handeln und Strenz ausschließen“.
Strenz hatte laut einem Untersuchungsbericht des Europarats für eine Beratungsfirma des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU) gearbeitet, die Lobbyarbeit für Aserbaidschan machte und von Baku finanziert wurde. Trotzdem nahm sie 2015 an einer Wahlbeobachtungsmission der Parlamentarierversammlung in Aserbaidschan teil, was gegen die Regeln über Interessenkonflikte verstieß.
Strenz war Anfang 2018 wegen der Vorwürfe nicht wieder für die Parlamentarische Versammlung des Europarats nominiert worden.
balkansurfer
Januar 19, 2019
Alte Kumpel, Drohvideos auf Instagram und viel Geld in Montenegro
Ein unter Druck geratener Banker droht dem Regime in Montenegro, unsaubere Machenschaften auffliegen zu lassen
Adelheid Wölfl
19. Jänner 2019, 16:00
Präsident Milo Ðukanović im Oktober 2018 im Europäischen Parlament in Straßburg.
Foto: REUTERS/Vincent Kessler
Auf dem Klassenfoto aus dem Jahr 1973 sind der kleine Duško und der kleine Migo zu sehen, als sie noch das Gymnasium besuchten. Auch danach hielt die Freundschaft der beiden Montenegriner einige Jahrzehnte. Beide wurden nicht nur reich, sondern auch einflussreich. Slavoljub Stijepović – kurz Migo genannt – wurde Bürgermeister von Podgorica und ein wichtiger Mann in der Regierungspartei DPS. Duško Knežević wurde Chef der Atlas-Bank. Verbunden waren die beiden über Jahrzehnte vor allem über die Partei und deren Chef, einen anderen Mann, der die Geschicke des kleinen Adriastaates so sehr beeinflusst wie kein anderer: Milo Ðukanović, der heute wieder einmal Präsident des Landes ist.
Doch die alte Seilschaft der groß gewachsenen Männer ist nun gerissen. Duško Knežević, dessen Atlas-Bank wegen Finanzschwierigkeiten im Dezember unter die Aufsicht und die Verwaltung der Zentralbank gestellt worden ist, sitzt offenbar in London und schickt über seinen Instagram-Account Beschimpfungen und Drohungen in Richtung Migo und Milo. „Wer verkauft und verhaftet seine Kameraden, seine Taufpaten, seine Freunde?“, steht unter dem Klassenfoto. Die Instagram-Botschaft offenbart die Vorstellungswelt des Herrn Knežević: Rechtsstaat und Gesetz hin oder her – montenegrinische Haberer bleiben in jedem Fall loyal.
Garantie über 20 Millionen
Was ist passiert? Die Atlas-Bank musste erstens wegen eines Gerichtsurteils eine Garantie über fast 20 Millionen Euro auszahlen. Zweitens wurden einige Kundenkonten wegen dubioser E-Commerce-Geschäfte von der Sonderstaatsanwaltschaft blockiert. Offenbar geht es um den Verdacht der Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Laut montenegrinischen Medien dürfte es sich um 500 Millionen Euro Umsatz durch diese Geschäftspraktiken handeln. Die Bank, die seit Jahren angeschlagen ist, verkraftete das nicht mehr. Die unabhängige Finanzexpertin Mila Kasalica geht davon aus, dass die Bank im schlimmsten Fall eine Rekapitalisierung von 75 Millionen Euro braucht.
Abgesehen davon wurde ein Haftbefehl gegen Knežević wegen Steuerhinterziehung erlassen. Knežević reagierte mit der Veröffentlichung einer peinlichen Videoaufnahme darauf. Diese zeigt, wie er dem ehemaligen Bürgermeister Slavoljub Stijepović – also seinem Schulfreund Migo – ein Kuvert mit Geld übergibt, angeblich 97.000 Euro. Viele mutmaßen, dass es sich um eine Parteispende handelt.
Verflechtung von Politik und Finanz
Die derzeitige montenegrinische Affäre rund um das Video zeigt, wie eng verflochten die Politik und das Bankenwesen in Montenegro sind. Weil Knežević, der nichts mehr zu verlieren hat, die Wichtigen und Mächtigen in Montenegro alle kennt, haben seine „Veröffentlichungen“ auch politische Sprengkraft. Auf den Fotos auf seinem Instagram-Account ist immer wieder auch der Langzeitregent Milo Ðukanović zu sehen.
Auffällig ist jedenfalls, dass die Zentralbank sehr spät reagierte, wenn es um ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Atlas-Gruppe ging. Denn es ist seit Jahren bekannt, dass die Bank in großen Schwierigkeiten steckt. Unabhängige Wirtschaftsprüfer gingen 2011 davon aus, dass 800.000 Euro an notwendigen Verlusten nicht angeführt wurden, 2012 wurde geschätzt, dass die Risikoprovisionen um 2,8 Millionen Euro unter dem tatsächlichen Wert angegeben wurden. 2014 wurde der Tochterbank in Russland unter anderem wegen Geldwäscheverdachts die Lizenz entzogen, weder das Eigenkapital (5,7 Millionen Euro) noch die zur Verfügung gestellte Kreditlinie (10,4 Millionen Euro) wurde offenbar von der Atlas-Bank als Muttergesellschaft entsprechend wertberichtigt.
Lage verschlimmerte sich
2015 soll sich die Situation noch verschlimmert haben, zusätzlich zu den bereits aus den Vorjahren bestehenden Bilanzlücken beanstandete der Wirtschaftsprüfer, dass die Wertberichtigungen der Bank um elf Millionen Euro unterbewertet waren, Forderungen gegenüber der Meinl Bank in Höhe von 15 Millionen Euro konnten vonseiten der Bank gegenüber den Wirtschaftsprüfern ebenfalls nicht belegt werden. Der Tochtergesellschaft Atlas Capital Financial Services in Zypern wurde dann im April 2016 die Lizenz entzogen, auch hier erfolgte keine Wertberichtigung der Beteiligung durch die Muttergesellschaft. Die deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO notierte im Jahr 2016, dass die Bank erheblichen Risiken in Zusammenhang mit notleidenden Krediten ausgesetzt sei und regulatorische Richtlinien nicht mehr erfüllt seien.
Einige montenegrinische Medien vermuten nun – auch aufgrund des veröffentlichten Videos –, dass die Zentralbank derart spät agierte, weil Knežević beträchtliche Parteispenden an die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Milo Ðukanović übergeben haben könnte. Das Pikante daran ist, dass die DPS aber keine Spenden von Knežević oder der Atlas-Gruppe in ihren Berichten anführt.
Zentralbank-Vizegouverneurin entlassen
Eine weitere mögliche Erklärung, weshalb die Zentralbank so spät agierte, könnte die Verbindung zwischen dem Zentralbankchef Radoje Žugić und Knežević selbst sein. Žugić erhielt 2011 einen Doktortitel von der Belgrader Bankenakademie. Und der Gründer und Präsident des Rates dieser Hochschule ist Knežević. Zentralbankchef Žugić sorgte in den letzten Monaten aber auch aus anderen Gründen für Aufsehen. Denn er veranlasste, dass die Vizegouverneurin der Zentralbank, Irena Radović, im Juli entlassen wurde. Radović wiederum hat gegen ihren Rauswurf geklagt – das Verfahren beginnt nun im Jänner. Die Zentralbank ist also auf mehreren Ebenen unter Druck.
https://www.derstandard.de/story/2000096547873/alte-kumpels-drohvideos-auf-instagram-und-viel-geldin-montenegro